Nährstoffreport Vegan: Vitamin D

Nährstoffreport Vegan: Vitamin D

Vitamin D – was bewirkt es im Körper?

Vitamin D kann der menschliche Körper bei ausreichender Sonnenexposition in der Haut bilden und ist unumstritten wichtig für die Knochengesundheit. Das Immunsystem scheint von einer guten Vitamin D-Versorgung zu profitieren, und es gibt Hinweise auf einen Nutzen zur Vorbeugung u.a. gegen kardiovaskuläre Krankheiten (Bluthochdruck, Herzinfarkt…), Asthma, Depression, Allergien und manche Arten von Krebs.

Der Nutzen von Vitamin D sowie die Empfehlungen über eine optimale Versorgung sind nach wie vor Gegenstand der Forschung, deshalb können Empfehlungen weit voneinander abweichen. Wir stellen hier den derzeit als gesichert geltenden Wissenstand dar. Eine der Besonderheiten bei Vitamin D: Es ist eines der vier fettlöslichen Vitamine, das gespeichert wird und daher auch überdosiert werden kann.

Dosierungsempfehlungen


International Units (IE/IU) sind von der WHO definierte pharmakologische Maßeinheiten. Sie markieren die biologisch aktive Menge einer Substanz. Wieviel physikalische Einheiten (also etwa Gramm oder Mol) einer internationalen Einheit entsprechen, ist daher für jede Substanz verschieden. Die kleinste wirksame Einheit von Vitamin D (also eine IE) entspricht 0,025 µg oder 65 pmol; 1 µg Vitamin D entspricht somit 40 IE.

Unter dem Begriff “Vitamin D” ist eine Gruppe von Stoffen zusammengefasst, von denen Vitamin D2 (Ergocalciferol) und D3 (Cholecalciferol) die wichtigsten sind. Vitamin D2 findet sich vor allem in Pflanzen. Vitamin D3 steckt vor allem in Tierprodukten, und D3 ist der Stoff, den der menschliche Körper mithilfe von UVB-Strahlung in der Haut synthetisieren kann. Beide werden über mehrere Stufen zu physiologisch aktivem Vitamin D (Calcitriol) verstoffwechselt. Mit Vitamin D3 funktioniert das 1,7 mal besser als mit Vitamin D2 [2]. Das ist für Dosierungsangaben zu beachten, da diese für Vitamin D3 gelten.

Eigensynthese

Um ein Gefühl für Größenordnungen zu vermitteln: Man vermutet, dass der menschliche Körper bei ausreichender Sonneneinstrahlung und Exposition der Haut pro Tag maximal 10.000 bis 20.000 IE Vitamin D synthetisiert – je nach Bedarf  “schaltet” die Eigensynthese auch schon eher ab. Kenntnis dieser Größenordnungen erlaubt es, einzuschätzen, wo im Spektrum eine Dosierungsempfehlung einzuordnen ist. Besonders hohe Empfehlungen dürften nur für den Ausgleich eines diagnostizierten Mangels und kurzfristig sinnvoll sein.

Tagesbedarf

Die Angaben über den Tagesbedarf von gesunden Erwachsenen wurden seit der Entdeckung von Vitamin D in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts mehrfach erhöht. Während die erste Angabe aus dem Jahr 1941 noch bei 200 IE lag, gelten seit 2010 600 IE als sinnvoll. Die aktuelle Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zum Tagesbedarf an Vitamin D liegt bei 800 IE/Tag (20 µg) [4]. Dieser Wert gilt für Situationen ohne Eigensynthese von Vitamin D.

Chart: Vitamin D-Empfehlungen im Zeitverlauf
Die für gesunde Erwachsene empfohlene Tagesration an Vitamin D ist mit der Zeit gestiegen.

Internationale Experten empfehlen bis zu 2000 IE (50 µg) pro Tag. Einigkeit scheint über die maximale Tagesdosis zu herrschen, die ohne Nebenwirkungen auch langfristig täglich konsumiert werden kann – sie soll 4000 IE (100 µg) nicht dauerhaft überschreiten. Mit Dosen in dieser Höhe wird in der Prävention und Behandlung von Diabetes Typ 2 geforscht.

Um ein fettlösliches Vitamin wie Vitamin D aus der Nahrung aufnehmen zu können, sollte gleichzeitig etwas Fett konsumiert werden. In Fett gelöst kann das Vitamin wesentlich leichter durch die Darmwand diffundieren – dass der menschliche Körper über Gewebefett verfügt, ist dafür also nicht relevant. Folgen einer starken, langfristigen Überdosierung von Vitamin D sind die Abführung von Calcium aus den Knochen mit daraus resultierender Verkalkung der Nieren und, insbesondere bei gleichzeitigem Mangel an Vitamin K, Calciumablagerungen in den Blutgefäßen.

Risikogruppen für Vitamin D-Mangel

Menschen…

  • mit Niereninsuffizienz, Lebererkrankungen oder Darmerkrankungen, die die Nährstoffaufnahme stören
  • die bestimmte Medikamente wie Anti-Epileptika einnehmen
  • mit dunklem Hauttyp (siehe Text)
  • die ihre Haut stark mittels Sonnenschutzmittel oder Textilien abdecken
  • die sich wenig im Freien aufhalten
  • über 70 Jahre
  • mit starkem Übergewicht
  • Säuglinge (sie bekommen aber eine Prophylaxe)

Vitamin D aus der Nahrung?

In Nahrungsmitteln – auch nicht-veganen – ist Vitamin D nur selten zu finden. Lebertran ist mit 1.350 IE pro Esslöffel die einzige Nahrungsquelle mit ausreichend hohem Vitamin D-Gehalt, um den Tagesbedarf daraus bequem decken zu können (“Alternativen” für Mischköstler zur Abdeckung eines Bedarfs von 800 IE/Tag  lt. Pharmazeutischer-Zeitung [1]): 400 g Makrele, 4 kg Schweineschnitzel oder 16 bis 20 Eier – täglich).
Konsequenz: In der Nationalen Verzehrsstudie II [5] wurde festgestellt, dass in Deutschland 82 % der Männer und 91 % der Frauen nicht die empfohlene Tagesmenge Vitamin D aufnahmen, wobei zum Zeitpunkt der Studie die Tagesdosis-Empfehlung der DGE noch um 25% unter der aktuellen lag.

Welche veganen Lebensmittel enthalten Vitamin D?

Vitamin D-Lieferant PfifferlingZu den Vitamin-D-Quellen nicht-tierischen Ursprungs zählen Pilze und Avocados, wobei die Pflanzen mit dem höchsten Vitamin D-Gehalt  jedoch auch nur ca. 130 IE Vitamin D pro 100 g liefern und daher regelmäßig in unrealistisch großen Mengen konsumiert werden müssten, um den Bedarf zu decken. Zum Beispiel läge die Tagesration frischer Steinpilze, die erforderlich wäre,  um 800 IE Vitamin D aufzunehmen, bei 600 Gramm. Selbst der größte Steinpilzenthusiast gäbe da irgendwann auf – ganz abgesehen davon, dass Steinpilze nicht immer Saison haben und das Kilo um die 28 Euro kostet.

Fazit

  • Nur 10-20% des Vitamin D-Bedarfs werden im Schnitt aus der Nahrung gedeckt
  • bei ausreichender Sonneneinstrahlung (UVB) können die übrigen 80 bis 90% des Bedarfs von der Haut synthetisiert werden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen (siehe: Box “Risikogruppen” und Tabelle “Sonnenexposition”)
  • Ein Vitamin-D-Mangel ist kein spezifisch “veganes Problem”,  und die Vitamin-D-Versorgung ist für Veganerinnen und Veganer nicht mehr oder weniger kritisch als für Mischköstlerinnen und Mischköstler.
  • Eine Überdosierung von Vitamin D ist nur durch Überdosierung von Supplementen möglich.

Die Hauptquelle für Vitamin D ist die Eigensynthese der Haut unter Einfluss von UVB-Strahlung – oder Supplemente.

Wie fühlt sich Vitamin D-Mangel an?

Bei Vitamin D-Mangel gibt keine unmittelbar erkennbaren spezifischen Mangelerscheinungen. Die Folgen einer schlechten Vitamin D- Versorgung zeigen sich allerdings in der Knochengesundheit im Alter!

Habe ich einen Mangel?

Der Vitamin D-Status wird im Blutbild bestimmt: Gemessen wird 25-Hydroxyvitamin D (Calcidiol), die Speicherform des Vitamin D. Das Ergebnis wird in Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) oder in Nanomol pro Liter (nmol/l) angegeben. Man kann die Einheiten untereinander umrechnen: 1 ng/ml = 2,5 nmol/l bzw. 0,4 ng/ml = 1 nmol/l
Über die Grenze, die den Mangelzustand (also eine schwere Defizienz) definiert, sind sich die Experten noch einig: Liegt der Blutplasmapegel unter 10 ng/ml (= 25 nmol/l), besteht dringender Behandlungsbedarf.
Serum-25-Hydroxyvitamin D [25(OH)D]-Konzentrationen und Gesundheit

nmol/l ng/ml Gesundheitsstatus
<30 <12 Vitamin D-Mangel, führt zu Rachitis bei Kleinkindern und Kindern und Osteomalazie (Knochenerweichung) bei Erwachsenen
30 bis <50 12 bis <20 wird gemeinhin als inadäquat für die allgemeine und die Knochengesundheit sonst gesunder Erwachsener angesehen
>=50 >=20 wird gemeinhin als ausreichend für die allgemeine und die Knochengesundheit sonst gesunder Erwachsener angesehen
>125 >50 zunehmende Evidenz für potenziell nachteilige Effekte solch hoher Spiegel, besonders ab >150 nmol/l (>60 ng/ml)

Umstritten ist derzeit (2018), was als ein optimaler Blutplasma-Level von Vitamin D gelten darf. Während manche Experten zu Pegeln von über 30 ng/ml raten, sehen andere noch keinen Handlungsbedarf auch für Pegel bis 20 ng/ml. Bei den Obergrenzen gibt es mehr Einigkeit: Der toxische Bereich beginnt ab 150 ng/ml, als sichere Obergrenze werden 100 ng/ml angesehen. [3]

Bemerkenswertes

  • Die Intensität der Sonneneinstrahlung genügt zwischen Anfang November und Ende Februar unter anderem in Mittel- und Nordeuropa (grob: nördlich von Rom – 42. nördlicher Breitengrad) nicht für ausreichende D3-Synthese.
    Weltkarte mit 42. Breitengrad.

  • Weil Vitamin D gespeichert wird, kann man im Sommer „auftanken“. Dazu sollten zumindest Gesicht, Hände und Unterarme ohne Sonnenschutz ca. 15 Minuten täglich zur Mittagszeit im Freien der Sonne ausgesetzt werden. Abseits der Mittagszeit ist die erforderliche Dauer wegen der geringeren Sonneneinstrahlung etwas länger. Der Aufenthalt im Freien ist unabdingbar, denn Glas filtert UVB-Strahlung.
    Eine genaue Aufstellung der erforderlichen “Sonnenbad-Zeiten” nach Jahreszeit, Tageszeit  und Hauttyp findet man hier:

    Für alle, die sich über ihren Hauttyp nicht sicher sind, hält das Bundesamt für Strahlenschutz einen Testfragebogen bereit.
  • Eine Überdosierung von Vitamin D durch übermäßiges Sonnenbaden ist nicht möglich, denn der Körper stellt die Synthese nach spätestens 30 Minuten ein. Man vermutet, dass die Haut in dieser Zeit 10.000 bis 20.000 IE Vitamin D synthetisiert. Das heisst aber auch:
    • durch besonders langes Sonnenbaden kann man keine zusätzlichen Reserven schaffen
    • für einen Ausgleich eines gravierenden Mangels an Vitamin D sind Supplemente erforderlich
    • im Lichte des Hautkrebsrisikos durch UVB-Strahlung sollte gelten: Nur kurze, aber intensive Exposition ohne Lichtschutzfaktor.
  • Allen, die im Sommer ihre Vitamin D-Speicher nicht wie oben beschrieben auffüllen können, raten die Mediziner zu einem Supplement. Vitamin-D3-Supplemente werden meist aus Lanolin (Wollfett) hergestellt. Vegan oder vegetarisch lebende Menschen finden auf dem  Markt aber auch Vitamin D3-Produkte, die aus Flechten gewonnen werden.
  • Sonnenschutzprodukte hemmen die körpereigene D3-Synthese: Ab Sonnenschutzfaktor 40 beträgt sie Null.

Ergänzende Quellen

Referenzen

[1] Vitamin D – Das Hormon der Streithähne, Pharmazeutische Zeitung6/2012
[2] Evidence that vitamin D3 increases serum 25-hydroxyvitamin D more efficiently than does vitamin D2 –  American Journal of Clinical Nutrition 68(4):854-8 · October 1998
[3] Vitamin D – der aktuelle D-A-CH-Referenzwert aus Sicht der Risikobewertung, Dr. Anke Ehlers, Bundesinstitut für Risikobewertung 2013
[4] Aktuelle Vitamin D-Referenzwerte der DGE
[5] Nationale Verzehrsstudie II

Literaturempfehlung

Leitzmann/Keller: Vegetarische Ernährung, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart, ISBN-10: 3825238733

 

 

3 Kommentare

  1. Margot Kreutzer-Lauber

    Danke für die hilfreichen und klärenden Informationen

  2. Wirklich interessant und hilfreich, dieser Artikel- auch fuer Downunderlinge wie mich, die seit zig Jahren im Sonne-Satt-Land Westaustralien lebt – in Yanchep bei Perth; ideales Ueberwinterungs-Reiseziel fuer Sonnenhungrige aus der Nordhemisphere! Wunderbares, billiges Obst-u Avokadoparadies, besonders zwischen November und April! Besucht uns mal- zu Jugendherbergsraten seid Ihr Herzlich willkommen hier am Inischen Ozean-Lagunenstrand.

  3. Rudi

    Die maximal empfohlene Menge an Vitamin D ist Unsinn. Es ist abhängig vom Gewicht. Wer viel wiegt muß auch mehr nehmen. Will man 100 ng erreichen geht das nicht mit nur 4000 i.E. pro Tag. Dafür gibts eine Formel zum Berechnen.
    Für mehr Info empfehle ich die youtube Kanal des Arztes „Raimund von Helden“.