Das Video
Mit ihrem Video (Ende Februar 2019) ”Retten Veganer die Umwelt?” hat es Dr. Mai Ti Nguyen-Kim auf ihrem Kanal maiLab bei Youtube in die Top Ten geschafft. Sie kommt darin zum Schluss, dass die Rechnung “Vegane Ernährung ist gut für die Umwelt” durchaus aufgeht. So weit, so schön! Jedoch gibt es eine Reihe diskussionswürdiger Punkte in diesem Video, die im Folgenden angesprochen werden.
Die ethische Frage, ob überhaupt ohne Not gerechtfertigt werden kann, Tiere zu essen, klammert Mai gleich am Anfang aus. Sie konzentriert sich komplett auf den Aspekt der Auswirkung der Ernährung auf die Umwelt. Veganismus ist jedoch keine Diät, sondern
eine Lebensweise, die danach strebt – soweit wie praktisch durchführbar – alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeiten an leidensfähigen Tieren für Essen, Kleidung und andere Zwecke zu vermeiden
…so die Definition des Begriffs “Veganismus” der Vegan Society.
Aus diesem Grund wollen wir das hier auch so halten – jedoch nicht, ohne angemerkt zu haben, dass man sich eigentlich nicht über Veganismus unterhalten kann, ohne gleichzeitig auch über ethische Fragen zu sprechen. Die Herren von Vegan ist ungesund haben diesen Punkt in ihrem Antwort-Video näher adressiert. Auch kann die Fragestellung nach der “Rettung der Umwelt” durch Veganismus bei Beschränkung auf den Aspekt der Ernährung nur unzureichend beantwortet werden. So belastet die Haltung von Tieren zur Herstellung von Kleidung ebenfalls die Umwelt. Den CO2-Footprint eines nutzlosen Echtpelz-Mützenbommels (zum Beispiel) hat unseres Wissens nach aber noch niemand bestimmt.
Die Umwelt wird durch Tierprodukte auch ganz unabhängig von der Betrachtung der Treibhausgas-Problematik belastet – so stand 2016 etwa die Gerberei-Industrie auf Platz vier der Liste der gefährlichsten Quellen für Umweltverschmutzung mit toxischen Stoffen, nach Batterierecycling, Bleiverhüttung und Bergbau/Erzverarbeitung. [1]. Und dies sind nur einige wenige Aspekte.
Die Thesen
Dies vorausgeschickt, seien die Thesen des Videos kurz zusammengefasst:
- Das Verfüttern von Feldfrüchten an Tiere ist ineffizient
- Dauergrünland leistet (via Tier) einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung des Welthungers
- Für Menschen ungenießbare Pflanzenteile lassen sich nur via Tier sinnvoll nutzen
- Wegfall von Tiernutzung erzeugt Düngerknappheit
- … und die Notwendigkeit, weitere Flächen zu erschließen
- Schlussfolgerung nach allen Relativierungen: Die Rechnung der Veganer geht auf, aber jeder soll tun, was er möchte
Das Verfüttern von Feldfrüchten an Tiere ist ineffizient
Hier sind wir mit Mai vollkommen einer Meinung. Um es zu quantifizieren: Von 100 für Menschen verwertbaren Kalorien bleiben nach dem Umweg über Tiere auf dem Teller der Menschen übrig:
Laut [8] werden mindestens 2,8 kg für Menschen verwertbare Lebensmittel pro Kilo Fleisch an Wiederkäuer verfüttert, und im Schnitt 3,2 Kilo an Monogastier wie Geflügel oder Schweine.
Dauergrünland leistet einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung des Welthungers
Es klingt zunächst ganz logisch: Wenn der Mensch Gras (und andere stark zellulosehaltige Pflanzen) nicht selbst verdauen kann, gibt man diese Pflanzen einem Tier, das es kann, und nutzt die Milch und das Fleisch von diesem Tier. Damit kann sich der Mensch solche Flächen indirekt zur Sicherung seiner Ernährung nutzbar machen. Also leistet Dauergrünland einen Beitrag – keine Frage. Und tatsächlich sind ja 70% der weltweiten Agrarflächen Dauergrünland – von denen gern behauptet wird, dass darauf nichts anderes wächst, aber dazu später mehr.
Um einschätzen zu können, ob Dauergrünland denn einen wertvollen Beitrag leistet, muss die Größenordnung bestimmt werden, in der auf Dauergrünland erzeugte Tierprodukte zum Weltkalorienaufkommen beitragen. Die Zahlen bei FAOSTAT [2, 3] erlauben einen guten Einblick:
- Das durchschnittliche tägliche Kalorienaufkommen beziffert die FAO 2011 mit 2870 kcal.
- Rindfleisch trägt dazu täglich 40 kcal bei. Um keinen Fehler zu machen, zählen wir sämtliches “anderes Fleisch” hinzu, auch wenn das nicht nur Ziegen und Schafe sind, sondern auch Pferde, Dromedare, Meerschweinchen, Kängurus, Kaninchen, Hunde, Katzen, und was Mischköstler zusätzlich zu Geflügel und Schwein sonst weltweit noch so an Tieren verspeisen – jedenfalls sind das 21 kcal. Zusammen sind das 61 kcal.
- Milch und Milchprodukte leisten täglich einen Beitrag von 139 kcal zum Weltkalorienaufkommen.
Nun wird dieser Beitrag allerdings unter Einsatz erheblicher Ressourcen erwirtschaftet – unter anderem mehr als 30% des Getreides und mehr als 90% des Sojaextraktionsschrots landen in den Futtertrögen, unter Einsatz von knapp 40% der globalen Ackerflächen [8].
Um wieviel die Zahlen reduziert werden müssen, um den reinen Beitrag von Dauergrünland zu ermitteln, darüber gibt die FAO-Publikation “Livestock’s Long Shadow” [4] Auskunft. Hier ist auf Seite 45 zu lesen, dass der Beitrag von Fleisch aus “grazing systems” 8% beträgt. Der Beitrag von Milch daraus beträgt 10% [10].
Wenn wir das ausmultiplizieren: Der Beitrag von “Weidefleisch” zum täglichen Weltkalorienaufkommen beträgt weniger als 5 kcal, und der Beitrag von Milch von der Weide nicht mehr als 13,9 kcal. Wir reden also über knapp 19 kcal pro Tag, oder 0,662% des Weltkalorienaufkommens, für die 2 Milliarden Hektar Land eingesetzt werden [8]. Das entspricht 25% der gesamten eisfreien Landmasse der Erde – und doch wird dieses Land ständig ausgeweitet: So sind heute 70% der gerodeten Amazonas-Flächen Dauergrünland, die sich dort erstrecken, wo zuvor Urwaldriesen gestanden haben, die gigantische, unwiederbringliche Kohlenstoffspeicher (und Lebensräume) darstellten.
Angesichts dieser Sachlage muss in Zweifel gezogen werden, dass die Nutzung von Dauergrünland zur Sicherung der Welternährung unausweichlich oder – global gesehen – auch nur sinnvoll ist, zumal die Hälfte der Flächen lt. [5,6] auch als Acker eingesetzt werden könnten. Damit wachsen dort offensichtlich auch andere Pflanzen als nur anspruchsloses Gras. In jüngeren Studien [7] wurde übrigens festgestellt, dass die Kohlenstoffspeicherung in Dauergrünland nur unter sehr speziellen Rahmenbedingungen (betreffend u. a. Klima, Bodentyp, bisherige Landnutzung) funktioniert – und wo sie funktioniert, ist der Effekt klein und wird durch den Treibhausgas-Output der Tiere bei Weitem überwogen, wenn man welche darauf grasen lässt.
Für Menschen ungenießbare Pflanzenteile lassen sich nur via Tier sinnvoll nutzen
… und es kommt hinten auch noch wertvoller Dünger dabei heraus! – so die Argumentation in Mais Video. Das Ding ist:
- Muss man diese Pflanzenteile denn zur Nahrungsmittelproduktion nutzen? Sinnvoll wäre das, wenn es zu wenig zu essen gäbe. Aber für den Fall, dass letzteres nicht der Fall ist:
- Könnte man diese “Reste” anderweitig sinnvoll einsetzen?
2014 wurde eine bemerkenswerte Studie mit dem Titel “Redefining agricultural yields: from tonnes to people nourished per hectare” [9] veröffentlicht.
Der Spiegel titelte: “Äcker könnten vier Milliarden Menschen mehr ernähren” – und weiter:
„Die Ergebnisse der Berechnungen klingen beeindruckend:
Würde die gesamte Getreideernte zu Nahrungsmitteln verarbeitet und gar nichts mehr zu Futtermitteln für Rinder, Schweine oder Geflügel, dann könnten vier Milliarden Menschen mehr ernährt werden.Würde die Welt aufs Rindfleisch verzichten und stattdessen Huhn oder Schwein essen, könnten die heutigen Ackerflächen immerhin 357 Millionen Menschen zusätzlich ernähren.
Würden Menschen kein Fleisch, aber noch Milchprodukte und Eier essen, könnten 815 Millionen Menschen mehr satt werden.“
Das klingt nicht so, als würde der kalorische Input von Tierprodukten unbedingt gebraucht. Den ersten Punkt können wir also verneinen.
Wegfall von Tiernutzung erzeugt Düngerknappheit
Nachdem man den Weizen von der Spreu getrennt hat (und die Kartoffeln vom Kraut, und so weiter), sollte man natürlich die “Reste” nutzen. Was könnte man damit tun? Es sind mehrere Szenarien denkbar:
- Pflanzenreste werden aerob kompostiert und dienen als Dünger.
- Sie werden anaerob vergoren – dabei entsteht Methan (Biogasanlage). Anders als bei Wiederkäuern kann man dieses Methan aber auffangen und damit zum Beispiel Gewächshäuser klimaneutral beheizen. Damit hätte man das Problem gelöst, dass Obst und Gemüse außerhalb der Saison nicht klimafreundlich sind, wie Mai im Video anführt. Mit dem Rest kann man wieder düngen.
- Man verbrennt die Pflanzenreste kontrolliert und erzeugt damit wiederum klimaneutrale Energie. Mit der Asche kann gedüngt werden.
Die Nutzung von Pflanzenresten unter Aussparung von Tieren könnte also dazu beitragen, gleich zwei Probleme zu lösen, die Mai in ihrem Video anspricht: Die “fehlende Gülle” (die, wenn wir mal ehrlich sind, nicht nur hierzulande eher Probleme macht, weil sie das Grundwasser verseucht – und anderswo für Todeszonen in küstennahen Gewässern verantwortlich ist), und die bis dato wenig umweltfreundliche Erzeugung von Treibhausobst und -gemüse, die dadurch umweltfreundlich wird. Es ist auch anzunehmen, dass direkt kompostierte Pflanzenreste wertvolleren Dünger liefern als Fäkalien von Tieren, denn die Tiere ziehen nicht nur Kohlenstoff aus den Pflanzen, sondern auch Mineralien, von denen im Kompost mehr erhalten bliebe.
… und die Notwendigkeit, weitere Flächen zu erschließen
Dazu nur drei Sätze:
- fällt Tiernutzung weg, werden knapp 40% der Ackerflächen frei
- solange diese nicht “aufgebraucht” sind, besteht keine Notwendigkeit, neue Flächen durch Rodung von Wäldern zu erschließen
- selbst wenn neue Flächen erschlossen werden müssten, besteht keine Notwendigkeit zur Rodung von Wäldern: Es stehen noch 700 bis 1000 Millionen Hektar zur Verfügung, die heute als beweidetes Grasland genutzt werden, und die auch als Acker dienen könnten [8].
Um das in ein Größenverhältnis zu setzen: Ganz Australien hat eine Fläche von ca. 770 Millionen Hektar. Die USA mit Alaska haben eine Fläche von ca. 980 Millionen Hektar. Wir reden hier also über freie Ackerflächen in der Größenordnung kleiner Kontinente.
Wie eklatant der Unterschied der erforderlichen Flächen zwischen Veganern und Mitschköstlern tatsächlich ist, hat NZZ Folio 2017 eindrucksvoll visualisiert:
In diesen Studien [13, 14] wird übrigens davon ausgegangen, dass für eine vegane Ernährung nicht mehr Obst und Gemüse angebaut werden muss als für Mischkost, sondern einfach nur die Proteinquelle Fleisch/Milchprodukt durch Hülsenfrüchte ausgetauscht wird. Die Annahme, dass mehr “anspruchsvolles” Obst und Gemüse für Veganerinnen und Veganer erforderlich sei, fällt in Mais Video vom Himmel, wird nirgends begründet oder quantifiziert, und mit einer Studie über Mischköstler zu belegen versucht.
Fazit
Mai erkennt in ihrem Video viele Sachen richtig. Sie denkt aber dann nicht zu Ende: Würden die Menschen vegan leben, dann würde nicht nur weniger Methan aus den Verdauungsorganen von Rindern frei. Etwa bei Minute 2:00 sagt Mai etwas sehr Wichtiges: Wir setzen durch Industrie & Co. sehr viel mehr Treibhausgas frei, als wir nur ausatmen, und wir haben nicht genügend Pflanzen, um das in die Atmosphäre freigesetzte CO2 wieder zu binden. Das Schöne ist: Verzichtete die Menschheit auf den Konsum von Tierprodukten, dann würden auch gigantische Flächen frei. Und die können aufgeforstet werden. Wald, das sagt auch Mai, ist eine bedeutende Kohlenstoffsenke.
Wieviel Kohlenstoff Wald binden kann, ist pauschal nicht zu sagen – es kommt auf die Klimazone an, auf die Dichte des Pflanzenbesatzes, und auf das spezifische Gewicht des Holzes, das dort wächst. So bindet zum Beispiel das leichte Holz einer 100-jährigen Fichte 2,6 Tonnen CO2, während das dichtere Holz einer etwa gleich alten Buche 3,5 Tonnen CO2 speichert. In den Tropen wachsen die Bäume wesentlich schneller als anderswo.
Um einen Eindruck zu vermitteln, um welche Größenordnung es hier geht: Ein Hektar Wald speichert in Deutschland übers Jahr hinweg 13 Millionen Tonnen CO2 [11]. Nimmt man zur Aufforstung nur die Hälfte der zwei Milliarden Hektar Dauergrünland (von dem wir ja wissen, dass 700 bis 1000 Millionen Hektar auch als Acker genutzt werden könnten – das Argument, dass dort nichts anders wächst, verfängt also nicht), dann könnte diese Fläche pro Jahr 13 Milliarden Tonnen CO2 speichern. Das ist mehr, als USA und EU zusammen [12] jährlich emittieren, und deren Emissionen machen aktuell 29,97% der globalen Treibhausgasemissionen aus. Mindestens ein Teil der 14,5%, die die Tierwirtschaft emittiert, kommt noch hinzu. Wenn es ein Drittel ist, wie Mai behauptet, sparen wir insgesamt 34,5% Treibhausgas pro Jahr. Klimaproblem “geschmeidig gelöst”, um Mais Worte zu benutzen.
Die Antwort auf Mais Frage “Retten Veganer die Umwelt?” lautet also nicht “ja, so ein bisschen”, sondern entschieden und klar: “Ja.” Aber nur, wenn möglichst alle mitmachen. Das ist gleichzeitig ein Teil der Antwort auf die Frage, warum Veganer gern jeden von ihrem Lebensstil überzeugen möchten.
Diskussion
Mal so unter uns Freunden der Sonne:
Sicher, es gibt auch andere Maßnahmen, die zur Klimarettung beitragen, wie Mai nicht müde wird zu betonen. Saisonal und regional einkaufen, weniger wegwerfen, ein bisschen weniger Tierprodukte konsumieren, weniger reisen. Das sollte man auch durchaus gleichzeitig weiter verfolgen. Aber es genügt nicht, dass jeder jetzt mal innerhalb der wohligen Grenzen der persönlichen Comfort Zone ein bisschen tut, was er so meint.
Die UNO hat durch ihre Sub-Organisation IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) im Oktober 2018 sehr klar gewarnt: Wir haben noch 12 Jahre, um zu verhindern, dass der Karren mit Vollgas vor die Wand fährt. Wenn man sich im freien Fall befindet, reicht es nicht, mit den Armen zu rudern oder sich möglichst breit zu machen, um sich dank Luftwiderstand etwas abzubremsen. Da muss die Reißleine gezogen werden und der Fallschirm her. Und zwar jetzt. Veganismus ist die Einzelmaßnahme, die am meisten zur Abwendung der Klimakatastrophe beitragen kann – und auch die Maßnahme, mit der jede/r Einzelne mit ein paar Änderungen leicht etwas zum Umweltschutz beitragen kann.
Vegan zu werden ist wirklich nicht so schwierig, wie es vielleicht scheint. Zum Vactory-10-Stufen-Programm geht es hier entlang: https://hosting187280.ae8d0.netcup.net/VAC/vegan-werden
Weitere Punkte
Dauergrünland emittiert zum Beispiel in Deutschland C02 und ist damit keine Kohlenstoffsenke. Ob Dauergrünland Kohlenstoff speichert, ist stark von der Nutzungshistorie abhängig.
Ref.:https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland/emissionen-der-landnutzung-aenderung#textpart-46:15 – die Nutztieremissionen sind ja in Wirklichkeit gar nicht so hoch wie Verkehrsemissionen, weil da ungleich berechnet wird!
Whataboutism. Selbst wenn der Transportsektor tatsächlich einen höheren Ausstoß hat, als gemeinhin postuliert und da noch einiges Verbesserungspotential liegt, reduzieren sich dadurch weder die real bestehenden Emissionen durch Nutztiere, och sinkt ihr Anteil von 14,5% am Treibhausgaseintrag in die Atmosphäre.
7:40 Thing Nr. 2 (ungeeignete Böden für Nahrungspflanzen):
Der Beitrag der Böden, die man nur für Gras nutzen kann, ist global gesehen äußerst gering. Die Sichtweise, Land sei nur für Kalorienerzeugung sinnvoll genutzt, ist sehr eingeschränkt, wenn man auch andere Ziele, wie zum Beispiel die Erhaltung der Biodiversität berücksichtigt.
8:30 „effiziente Flächennutzung = Lieber Tiere als gar keine Nutzung“
Das ist nur dann richtig, wenn man keine anderen Ziele als Nahrungsgewinnung hat.
8:35 Kenia/Mongolei
Es ist richtig, dass es Gegenden auf der Welt gibt, in denen ad hoc eine Umstellung auf eine Ernährung ohne Fleisch, Milch und Eier nicht machbar ist. In Somalia stellen Fleisch und Milchprodukte zum Beispiel ca. 30% des Tageskalorienaufkommens, das ohnehin schon bei nur ca. einem Drittel des globalen Durchschnitts liegt. Gleichzeitig liegen die fraglichen Länder mit ihrem Pro-Kopf-CO2-Ausstoß aber so niedrig, dass sie in den Ranglisten unter “restliches Afrika” zusammengefasst werden. Die Pro-Kopf-Emissionen lagen 2016 bei 0,15 t/Jahr, und damit bei nur 1,7% des deutschen pro-Kopf-Durchschnitts im gleichen Jahr. (Ref.: UN-FCCC, Report of the Conference of the Parties on its twenty-first session, held in Paris from 30 November to 13 December 2015, Annex I)
Dass es nicht sinnvoll ist, ausgerechnet die Verhältnisse in diesen Ländern als Maßstab für unser Handeln hier anzusetzen, räumt Mai sogleich ein. Fraglich ist, aus welchem Grund sie es überhaupt thematisiert, wenn sie es nicht für relevant hält.
9:50 Gülle zum Düngen
Es ist in Gülle zum Düngen nichts für Pflanzen Verwertbares, das nicht zuvor in den Futterpflanzen enthalten war. Pflanzen brauchen anorganische Stoffe, um unter Verwendung von Kohlendioxid aus der Luft und Sonnenlicht mittels Photosynthese organische Stoffe zu erzeugen. Dass Pflanzen eigentlich keine organische Materie brauchen, zeigen Hydrokulturen eindrucksvoll. Daher wäre es vorzuziehen, die Futterpflanzen direkt zu kompostieren.
10:28 „Futtergetreide“
“Futtergetreide” bedeutet nicht, dass dieses Getreide ungenießbar wäre. Es ist nur als „Brotgetreide“nicht geeignet, weil sein Glutenanteil zu gering ist.
“Breigetreide: Getreidearten (Getreide), die aufgrund geringer Klebermengen (Gluten) nicht zu Brot verarbeitet werden können, sondern als Breinahrung dienen. Dazu gehören fast alle Getreidearten (ausgenommen die Brotgetreide Weizen und Roggen): Mais, Hirse, Hafer und Reis. Reis (in Asien) und Hirse (in Afrika) sind auch heute noch von großer Bedeutung.“ Ref.:https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/brotgetreide/10782
Auch die Nutzung als Stärkebeilage (ähnlich wie Reis) oder die Verarbeitung zu Pflanzenmilch wären denkbar.
10:45 amerikanische Studie – Verschlechterte Umweltbilanz durch “gesunde” Ernährung (USA)
Emissionen und Wasser sind dabei nicht so stark erhöht wie vor allem der Energieaufwand.
Eine mögliche Erklärung dafür könnte der (relativ) massiv erhöhte Fischkonsum sein. Auch das Zurückgreifen auf Flugimporte und Gewächshaus-Ware für den erhöhten Bedarf an Obst und Gemüse wird eine Rolle spielen. Käse (als Milchprodukt) könnte ebenso ein verstärkender Faktor sein.
Allgemein besonders positiv für die Energiebilanz sind – laut Mais Quellenangabe – Getreide und Geteideprodukte, einige Gemüse- und Obstsorten sowie Milch. Besonders positiv für die Emissionsbilanz sind (unter bestimmten Bedingungen) Äpfel, Beeren, Kohl, Wurzelgemüse, Mais, Pilze, Knollengemüse und Kürbis.
Was das aber alles mit der Ausgangsfrage zu tun hat, bleibt allerdings völlig unklar. Eine nach USA-Empfehlungen “gesunde” Ernährung ist weit davon entfernt, vegan zu sein.
Ref.: https://link.springer.com/article/10.1007/s10669-015-9577-y
12:04 „Regionalität und Saisonalität“ haben zunächst mit der Frage nach Veganismus nichts zu tun – hier werden Themen vermischt.
13:30 “Futterforschung”
Es ist nicht miteinander vereinbar, auf der einen Seite zu behaupten, es würden vorwiegend die „nutzlosen“ Dauergrünland-Flächen für die Tierhaltung reklamiert, aber zu erwarten, dass dort dann hocheffizientes Spezialfutter wachsen soll. Hocheffizientes Spezialfutter braucht Ackerflächen. Dass deren Nutzung für Tierzucht ineffizient ist, stellte Mai im Video gleich eingangs fest.
14:05 900kg CO2-Einsparung durch “wenig Fleisch”
900 eingesparte Kilo CO2-Äquivalente sind toll – aber noch viel toller wäre doch die Ersparnis bei “gar kein Fleisch” und “auch keine anderen Tierprodukte”.
Siehe auch: https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10584-014-1169-1#Tab3
Die Lage ist bereits zu prekär, als dass “ein bisschen” reichen würde.
Was ist mit den Tiere, die zur Landschaftspflege gehalten werden. Landschaftspflege mit Schafen, Kühen, Ziegen, ja sogar mit Pferden sind für die Biotope Feuchtwiesen, Photovoltaikflächen, Heiden, Magerweiden, Berghänge, Küstendeiche, Flussdeiche und Streuobstwiesen unerlässlich. Viele Naturschutzgebiete würde es ohne diese Nutztiere schon nicht mehr geben.
Wartet Mal ab bis die Schwellenländern wirtschaftlich an den großen vorbeiziehen. Werden die Chinesen so Recht wie die Europäischer oder Nordamerikaner werden diese viel viel mehr pro Kopf emittieren. An der hohen Emission ist allein dem Wohlstand zu verdanken, soll das Volk jetzt enteignet werden damit sie weniger verbrauchen? Globale Probleme brauche globale Lösungen und vor allem eine Absolut und keine pro Kopf Betrachtung!!!
Vielen vielen Dank für die mega aufschlussreiche Darlegung und Interpretation der Fakten!
Was hier wie bei Mai leider ignoriert wird: Acker ist für ganze Artengemeinschaften kein Lebensraum, ein Gemüseacker ist (global gesehen) für hunderttausende Arten nicht mehr wert als die Wüste Sahara. Es geht halt nicht nur darum Menschheit zu ernähren und Klimaneutral zu machen.