Was bewirkt Jod im Körper?
Jod (bzw. „Iod“, wie es eigentlich heißt) ist für die Bildung der Hormone in der Schilddrüse erforderlich. Die Schilddrüse ist sowas wie der “Taktgeber” für den gesamten Stoffwechsel: Die Schilddrüsenhormone steuern unter anderem Wachstum, Knochenbildung, Entwicklung des Gehirns, sowie den Energiestoffwechsel. Jod trägt damit zur normalen kognitiven Funktion und zur Funktion des Nervensystems bei und unterstützt die Aufrechterhaltung gesunder Haut. Für das normale Wachstum von Kindern ist Jod essenziell.
Mitteleuropa ist ein Jodmangelgebiet. Das wasserlösliche Mineral war ursprünglich in den Böden enthalten, wurde aber mit der Zeit natürlicherweise in die Meere geschwemmt. Die Böden (und die Nahrung) hier enthalten daher so wenig Jod, dass Jodmangel in der Bevölkerung keine Seltenheit ist. Nahrungsmittel aus dem Meer stellen die einzige signifikante natürliche Quelle für Jod dar. Die WHO empfiehlt für Jodmangelgebiete daher die Anreicherung von Trinkwasser und/oder von Grundnahrungsmitteln in für die Ernährung relevanten Mengen.
Dosierungsempfehlung
Jod kommt in Lebensmitteln anorganisch als Jodid vor und wird als solches völlig aufgenommen.
Die Empfehlung der DGE bzgl. Jodzufuhr lautet für
- Jugendliche über 13 Jahre und Erwachsene bis 50 Jahre: 200 µg pro Tag
- Erwachsene ab 51 Jahre: 180 µg
- Schwangere ab 4. Monat: 230 µg, stillende 260 µg
- Kinder: siehe Tabelle der DGE
Diese Empfehlungen ergeben sich aus Schätzungen, da der eigentliche Bedarf sich an das Angebot anpassen kann, und stellen den Wert für eine optimale Jodversorgung dar. Als minimaler Jodbedarf gelten 60-120 µg – bei geringerer Zufuhr leeren sich die Körperspeicher an Jod. Die oben angegebenen Mengen ergeben sich dann mit einem großzügigen Sicherheitszuschlag.
Mangelt es an Jod, versucht die Schilddrüse, durch Wachstum zu kompensieren – es entsteht eine so genannte Struma („Kropf“). Langfristig kann Jodmangel zu einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) führen.
Welche veganen Lebensmittel enthalten Jod?
Wie bereits erwähnt, findet man hohe, natürliche Jodgehalte praktisch ausschließlich in Lebensmitteln aus dem Meer, insbesondere also in Salzwasser-Algen (nicht in Spirulina oder Chlorella, denn das sind Süßwasseralgen) und Meerestieren. Deutschland und die umliegenden Nachbarländer gelten als „endemisches Jodmangelgebiet“ – das heisst, die Böden liefern nur wenig Jod. Andere Quellen – Fleisch, Eier, Milchprodukte – enthalten daher nur so geringe Mengen an Jod, dass Mischköstler (und auch Vegetarier) nur ca. 50 µg Jod täglich aus ihrer Nahrung beziehen. Die Jodvorkommen in den oben genannten Tierprodukten rühren übrigens daher, dass die Tiere mit Jod supplementiertes Futter bekommen.
Da Veganer auf diese Quellen verzichten, gelten sie in besonderem Maße als Jodmangel-Risikogruppe und sollten ihren Jod-Status im Auge behalten. Eine britische Studie stufte 1998 das Risiko für Jodmangel-Krankheiten bei Veganern, die weder Jodsupplemente noch Meeresalgen verwendeten, als schwerwiegend ein. In der Studie wurde die Verwendung von jodiertem Salz allerdings nicht betrachtet.
Für Veganer geeignete Lebensmittel
mit natürlichem Jodanteil sind
100g… | Jodgehalt |
Champignons | 18 µg |
Spinat | 12 µg |
Kürbiskerne | 12 µg |
Cashewkerne | 10 µg |
Wassermelone | 10 µg |
Eventuell wird jemand Brokkoli mit 15 µg und Erdnüsse mit 10 µg Jod pro 100 g vermissen. Sie enthalten jedoch Substanzen, die die Aufnahme von Jod hemmen oder das “Recycling” von Schilddrüsenhormonen im Darm behindern – daher sind diese hier nicht aufgeführt (siehe unten).
Um seinen Bedarf an Jod aus der Nahrung zu decken, müsste man also auf täglicher Basis zum Beispiel ein Kilogramm Champignons verzehren – das würde sich sicher als problematisch erweisen. Daher bietet sich jodiertes Speisesalz als Jodquelle an – werden davon täglich 5 g verwendet, so liefern diese 75 bis 125 µg Jod, was ja zumindest den Minimalbedarf abdeckt. Jodiertes Speisesalz enthält bis zu 20 mal mehr Jod als Meersalz, Himalaya-Salz und andere „Spezialsalze“.
Algen
stellen eine bedeutende Quelle für Jod dar. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) warnt jedoch vor Lebensmitteln mit einem Jodgehalt von mehr als 20 mg pro Kilo – manche Salzwasseralgen können bis zu 6.500 mg pro Kilogramm enthalten, ohne dass dies angegeben werden müsste. Eine solche Überdosis an Jod kann unter Umständen eine akute Schilddrüsenüberfunktion auslösen. Insbesondere Menschen mit zuvor stets eher niedriger Jod-Zufuhr haben hierfür ein erhöhtes Risiko, denn bei Jodmangel können sich in der Schilddrüse so genannte „autonome Adenome“ (Hotspots) bilden. Diese generieren bei Jod-Überangebot Schilddrüsenhormone, ohne dass der Körper (genauer: der Hypothalamus im Gehirn) dies regeln könnte. Symptome für eine Schilddrüsenüberfunktion beschreibt die Apothekenumschau hier.
Weil Veränderungen der Schilddrüse in Deutschland häufig sind, aber oft unauffällig bleiben, bis eine höhere Jod-Dosis aufgenommen wird, gilt in unserer Jod-Mangelgegend eine Jodzufuhr von nur maximal 500 µg (also 0,5 mg) täglich als sicher, während die WHO allgemein 1000 µg als tägliche Obergrenze ansetzt. Der Konsum von stark jodhaltigen Algen, der zum Beispiel in Asien nicht unüblich ist, wird aus demselben Grund hier als riskant angesehen.
Die Stiftung Warentest hat 2002 verschiedene Algen-Produkte aus dem Lebensmittelhandel unter die Lupe genommen. Maßvollen Verzehr von Rot- und Braunalgen (z.B. Dulse) sowie Wakame und Nori hielt die Stiftung für unbedenklich, abgeraten wird von Produkten auf Basis von Kombu (Ref. Stiftung Warentest: Jod in Gemüsealgen – Schock aus dem Meer)
Mineralwässer
können bei spezieller Auswahl ebenfalls eine gute Quelle für Jod sein. Manche Wässer liefern bis zu 600 µg Jod pro Liter – im Jodforum findet man eine Liste.
Haben Veganer erhöhten Bedarf an Jod?
Wie oben bereits erwähnt, beziehen Mischköstler ca 50 µg Jod aus tierlichen Quellen, die bei veganer Lebensweise naturgemäß wegfallen.
Zudem enthalten bestimmte Pflanzen strumigene (goitrogene) Substanzen – diese lösen zwar selbst nicht die Entstehung einer Struma aus, sorgen aber dafür, dass der Jodbedarf sich erhöht. Das geschieht auf zwei Wegen: Entweder binden diese Substanzen Jod, so dass es nicht so gut aufgenommen werden kann, oder sie greifen in die Rückgewinnung der Schilddrüsenhormone im Darm hemmend ein, so dass die Schilddrüse mehr Hormone erzeugen muss und dafür mehr Jod benötigt.
Zu diesen Pflanzen gehören unter anderem
- Kreuzblütler (unter anderem Senf, Raps, Steckrübe, Hirse, Radieschen und insbesondere alle Kohlsorten incl. Pak Choi und Brokkoli)
- Soja
- Walnüsse
- Süßkartoffeln
- Cassava (Maniok, Yuka, Tapiokamehl)
- Erdnüsse
- Erdbeeren
- Hirse
Das kann zum Problem werden, wenn ohnehin schon ein Jodmangel besteht. Wer auf eine gute Jod-Versorgung achtet und gesund ist, muss sich darum jedoch keine Gedanken machen.
Wie wirkt sich ein Jod-Mangel aus?
Eine durch Jodmangel verursachte Schilddrüsenunterfunktion äussert sich unter
anderem in
- Kälteempfindlichkeit
- Abgeschlagenheit, Antriebslosigkeit
- Depressionen
- Gewichtszunahme und erhöhten Blutfettwerten (insbesondere das LDL-Cholesterin kann erhöht sein)
- Myxödemen: Teigige Schwellung des Unterhautbindegewebes, vor allem an den Armen und Beinen und im Gesicht. Betroffene wirken „aufgeschwemmt“.
- Spröden, brüchige Haaren und Nägeln
- vermehrtem Haarausfall
Weitere Symptome: Apotheken Umschau – Schilddrüsenunterfunktion.
Supplementation
Der körpereigene Speicher an Jod in der Schilddrüse und den Zellen beträgt im Schnitt 10.000 bis 20.000 µg (Ref. [2]), so dass ein Mensch bei einem typischen Jodverlust von 150 µg täglich bis zu 130 Tage völlig ohne Jodzufuhr auskommen könnte, ohne einen Mangel zu erleiden. Je nach Grad einer Unterversorgung zeigen sich Mangelerscheinungen also erst nach längerer Zeit.
Außer an einer vergrößerten Schilddrüse (die anzeigt, dass es für eine Prophylaxe schon recht spät ist…) lässt sich ein Jodmangel im Urin feststellen. Bei nierengesunden Menschen mit unzureichender Jodversorgung findet man darin weniger als 150 µg Jod pro Gramm Kreatinin. In diesem Fall würde der Arzt ein Supplement verordnen. Von einer Supplementation “auf Verdacht” wird wegen der Risiken einer Überdosierung im Allgemeinen abgeraten.
Bemerkenswertes
- Nitrat (Quellen: Spinat, Rettich, Radieschen und Mangold – und das Trinkwasser durch Eintragung aus der Landwirtschaft – Grenzwert bei uns 50 ml/l, in anderen Ländern deutlich niedriger) behindert die Jodaufnahme
- das Jod-Vorkommen in Milchprodukten soll zum Teil auf das jodhaltige Desinfektionsmittel zurückgehen, in das die Zitzen der Euter vor dem Melken getaucht, und mit dem Melkanlagen und Milchtanklaster gereinigt werden…(Quelle: UGB, Milch trägt zur Jodaufnahme bei)
- anders, als man es manchmal liest, gibt es keine Wechselwirkung zwischen Fluoriden und Jod bzw. Fluoriden und der Schilddrüsenfunktion – das hat eine Studie klar belegt.
- Es besteht der Verdacht, dass Jod-Mangel die Entstehung von Brustkrebs bei Frauen begünstigt (Ref.: Ärztezeitung: Jod gegen Brustkrebs)
- Queller – eine salzresistente Pflanze, die man vielleicht aus Gebieten vor dem Deich an der Nordseeküste her kennt, stellt ebenfalls eine gute Jod-Quelle dar.
Weiterführende Quellen
- Schilddüsenfunktionsstörungen unter nutritiven Aspekten – Paracelsus-Magazin 6/1998
- Doc Medicus Vitalstofflexikon: Jod
- BfR: Nutzen und Risiken der Jodprophylaxe in Deutschland
- High Five! Vegan: Artikel zum Thema Jod
Literaturempfehlung
[1] | Leitzmann/Keller: Vegetarische Ernährung, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart, ISBN-10: 3825238733 |
[2] | Biesalski et al: Taschenatlas der Ernährung, Thieme-Verlag, ISBN 978-3-13-115356-2 |
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